Für deutsche Konsumenten beginnt Wohltätigkeit zu Hause

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Obwohl sie in den letzten paar Jahren Zeugen einiger der schlimmsten Naturkatastrophen wurden, die es je gab, bekennen mehr als ein Viertel (28 %) der deutschen Verbraucher, dass sie keine jährlichen Spenden an humanitäre Organisationen leisten.

Frauen schneiden dabei schlechter ab als Männer – sie geben zu, dass sie durchschnittlich nur 55,60 EUR pro Jahr spenden, während der Betrag bei Männern erheblich höher liegt (79,61 EUR).

Auch wenn diese Statistik beunruhigend ist, so zeigt die von dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov für die internationale Ausstellung für humanitäre Hilfe AidEX durchgeführte Studie doch auch, dass die Spendenbeteiligung in Deutschland nicht so niedrig ist wie bei den europäischen Nachbarn. 33 % der britischen, 30 % der französischen und 29 % der belgischen Konsumenten spenden jährlich nicht einen Cent. Daraus ergibt sich, dass Deutschland von den untersuchten Ländern tatsächlich am besten dasteht.

Interessanterweise sind fast sieben von zehn (68 %) Befragten vom Spenden abgeschreckt, weil sie Bedenken haben, wo und wie ihr Geld verwendet wird, wohingegen 17 % es vorziehen, an Organisationen zu spenden, die Bedürftige in Deutschland unterstützen.

Allerdings wären die Untersuchungsteilnehmer eher bereit, Spenden an entsprechende Wohltätigkeitsorganisationen zu leisten, wenn sie ein persönliches Verhältnis zu den von einer Katastrophe Betroffenen (41 %) und der sozioökonomischen Lage des Landes (31 %) hätten. 19 % gaben zudem an, dass sie eher geneigt wären, substanzielle Geldspenden zu leisten, wenn sie das Land bereits besucht hätten.

„Dies sind bedenkliche, aber kaum überraschende Ergebnisse“, erklärt hierzu Nicholas Rutherford, Veranstaltungsdirektor der AidEx. „Es gab immer schon ein gewisses Maß an Skepsis in Bezug auf die Hilfsleistungen bei humanitären Krisen, aber diese Bedenken waren eher weniger mit den jeweiligen direkten Spenden bzw. mit deren Mangel verbunden. Es ist ein schwer zu lösendes Problem, dass bei jeder Katastrophe, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht, Spekulationen darüber aufkommen, wie Gelder verwendet werden. Aber es wurden durchaus bereits Schritte unternommen, um in diesem Bereich eine größere Transparenz zu erreichen.“

Bezüglich einer Auflistung der Naturkatastrophen mit der meisten öffentlichen Aufmerksamkeit in den letzten Jahren war die Krise in Haiti diejenige, bei der die Mehrheit der Befragten (51 %) am ehesten die Notwendigkeit von Hilfsleistungen befürwortete. Danach folgen in engem Abstand der Tsunami in Japan (40 %) und die jüngste Flutkatastrophe in Pakistan (30 %). Demgegenüber rangierten das Erdbeben in Neuseeland und die Überschwemmungen in Australien am Ende der Liste – nur 6 % bzw. 5 % der Befragten hielten Spenden für diese Katastrophen für notwendig.

Wie vielleicht abzusehen war, hatte die Wirtschaftskrise in Europa gravierenden Einfluss auf den Betrag, den die Deutschen für humanitäre Zwecke spenden. Trotz der beginnenden wirtschaftlichen Erholung räumten über ein Viertel der Befragten (26 %) ein, weniger für humanitäre Hilfe zu spenden als noch vor drei Jahren. Nur vier Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie mehr gespendet haben.

„Dass die Krisen in Haiti und Japan ganz oben auf der Liste Naturkatastrophen stehen, bei denen Hilfsleistungen für notwendig erachtet werden, hat sicherlich mit der dabei jeweils zu verzeichnenden Zahl der Todesopfer zu tun“, so Rutherford. „Über 300.000 Menschen kamen bei dem Erdbeben in Haiti um und 18.000 starben nach vorliegenden Berichten bei dem Tsunami in Japan. Damit sind dies die beiden größten Naturkatastrophen der letzten fünf Jahre. Aber das ist noch nicht alles. Die Krise in Haiti hat verglichen mit anderen Katastrophen ein ganz neues Maß an emotionaler Betroffenheit ausgelöst, was sich auch auf die Reaktionen der Verbraucher ausgewirkt haben dürfte. Prominente waren daran stark beteiligt und Schauspielstars ebenso wie Musiker sagten riesige Summen an Hilfsgeldern zu. Der in Haiti geborene Wyclef Jean kandidierte sogar für das Präsidentenamt. Diese Art von ‘unterstützenden Vorbildern’ dürfte Konsumenten sicherlich in ihrer Spendenbereitschaft bestärkt haben.“

Regional betrachtet spenden die Einwohner Baden-Württembergs mit pro Jahr durchschnittlich 109,45 EUR am meisten, danach folgen die Bayern mit 76,46 EUR. Die geringsten Spenden leisten die Bewohner Thüringens und Sachsen mit durchschnittlich 39,73 EUR pro Jahr. Die Hessen, Rheinland-Pfälzer und Saarländer haben den Gürtel am engsten geschnallt – von ihnen geben 29 % zu, dass sie seit 2008 weniger gespendet haben.

Das Fazit Rutherfords: „Im Zuge der Bemühungen der Hilfsorganisationen um größere Transparenz und Verbesserungen der Effizienz wird hoffentlich mehr Hilfe zu den Menschen gelangen, die sie wirklich benötigen, so dass die entsprechenden Medienberichte darüber sich positiv auf die Spendenbereitschaft der Menschen auswirken werden.“                                                 

AidEx ist eine neue Ausstellung und Konferenz, die darauf ausgerichtet ist, die Gemeinschaft der humanitären Hilfsorganisationen bei der Optimierung von Hilfsleistungen zu unterstützen. Die Ausstellung ist grundlegenden Dienst- und Ausrüstungsleistungen im Bereich der Katastrophenhilfe und längerfristigen humanitären Hilfe gewidmet, während die Konferenz sich mit den wesentlichen Problemen dieser Branche beschäftigt. Diese spannende neuartige Veranstaltung – die größte Konferenz und Ausstellung dieser Art – findet vom 19. bis 20. Oktober 2011 auf dem Brüsseler Expo-Gelände statt. Dabei werden Wohltätigkeitsorganisationen, führende Nichtregierungsorganisationen (NGOs), staatliche und zwischenstaatliche Organisationen sowie die gesamte Community humanitärer Hilfsorganisationen aus aller Welt zusammenkommen.

Webseite: www.aid-expo.co.uk

Alle Zahlen, soweit nicht anders angegeben, stammen von YouGov Plc. Die Gesamtzahl der Befragten bildeten 5109 Erwachsene in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Belgien. 1.051 davon waren aus Deutschland. Die Feldforschung in Deutschland fand zwischen dem 13. und 15. April 2011 statt. Die Befragung wurde online durchgeführt. Die Zahlen wurden gewichtet und sind für sämtlichen erwachsenen Deutschen (ab 18 Jahre) repräsentativ.